Sidebar

Rantanplan

Band: Rantanplan

Album: AHOI

VÖ: 24.03.2023

Label: SBÄM / Broken Silence

Das 10. Studioalbum sollte etwas besonderes sein. 

Eigentlich sollte diese Scheibe Ende Januar 2022 erscheinen, doch kurz vor Fertigstellung riss Bandleader, Sänger und Gitarrist Torben Möller-Meissner die Reißleine, brach die Produktion ab und ließ die Bänder löschen. Zu depressiv und düster wurde das Material befunden, inmitten der schlimmsten Corona-Zeit. 

"Das Album namens AHOI sollte von vornherein ein positives Signal sein, Aufbruchstimmung vermitteln, Kraft und Hoffnung transportieren. Nichts davon traf letztendlich zu und das einzig positive waren die Corona-Tests." 

Also ging man alles nochmal von vorne an, schrieb neue Songs und vor allem investierte man deutlich mehr Zeit, um ein textlich griffiges Gesamtkonzept zu erschaffen, dass der eigentlichen Idee folgte.

 AHOI ist nun eine Platte mit 15 maritimen Songs über Meer, Hafen, Seefahrt, Liebe, Aufbruch, Abschied, Sehnsucht & Sturm geworden und es ist ein großes und positives Album geworden. Es ist nah am Puls der Zeit, ist Meinung und Ausdruck und so zeitlos wie die Musik. AHOI ist im Hier und Jetzt verankert ohne das Woher und Wohin auszublenden. Die Anfangsintuition wurde somit im zweiten Anlauf erfüllt. 

 Die Affinität zur Seefahrt wurde Hafensänger Torben quasi in die Wiege gelegt, da im mütterlichen Stammbaum einige echte Matrosen wurzeln.

Zusammen mit Benno Kupsa, dem alten Weggefährten (ex-Drummer, ex-Basser, Produzent der PAULI) schloss man sich 2 Wochen ins renommierte Hamburger Clouds Hill Studio ein ("Schluss mit Einzelrecordings, weil man sich, kontaktbeschränkt, nicht treffen durfte und Bandbesprechungen am Bildschirm via Zoom") und entließ geballte Bandenergie in altbewährten Rock'n'Roll Liverecordings.

Diese Hamburger Skapunk-Institution schafft es einfach immer wieder, treibende Offbeats mit packenden Melodien zu garnieren und einen positiven Vibe mit Charme und Lausbuben Grinsen an den Start zu bringen.

Das Cover ziert St.Pauli-Türsteher-Legende Onkel Hotte, vielen nicht zuletzt aus diversen Astra-Kult-Werbungen bekannt, wie er mit dem Rad von der Landungsbrücke in die Elbe fährt (Achtung Lebensgefahr. Nicht zur Nachahmung empfohlen). Im Titelsong zum abhebenden Rudeboy-Uboot umgedeutet, kann sich Eskapismus, in einer, an sich selber scheiternden Gesamtgesellschaft, kaum schöner vollziehen, um im darauffolgenden Track direkt wieder konterkariert zu werden.
Typisch norddeutsch. 

Erscheinen tut dieser frische Wind am 24.2.23 auf dem Label SBÄM, als CD, 12" Vinyl, limited CD- und LP-Boxset, Download und im Stream auf allen gängigen Kanälen. 

+++++++++++++++++++++++

Band: Rantanplan

Album: Licht und Schatten

VÖ: 13.01.2017

Label: Drakkar / Soulfood

Website: www.rantanplan-sucks.de

21 Jahre Rantanplan. Dereinst gestartet als mächtig schiebendes Druckventil für die innere Wut junger Zwanziger. Drei Hamburger Freunde, damals Neues wagend: Ebenso dreschlustigen wie melodievernarrten Ska-Punk mit deutschen Texten auszustatten. Die Wut steht ihnen gut, Marcus Wiebusch, Reimer Bustorff und Torben Meissner verankern sich in der hiesigen Punk-Szene schnell als verdammt guter deutscher Konter auf die Mighty Mighty Bosstones. Und dort reift letzterer, nachdem die beiden Kumpels Richtung Kettcar abbiegen, mit Rantanplan zu einem Fixpunkt des Underground, auf den man sich stets verlassen kann und der bei allen Richtungs- und Personalwechseln, die mit den Jahren kamen, das Urvertrauen reiner Motive in sich trägt: Ehrlichkeit, Geradlinigkeit, überzeugte Kantigkeit. Und auch mal aufrichtiger Hass, wo es Not tut. Denn die Jahre mögen weiter ziehen, die Wut bleibt. Und mit ihr das innere Energiefeld, das Rantanplan auch nach zwei Jahrzehnten durch jeden Song und jede kunstvoll gesetzte, gern von (oft französischen) Existenzialisten inspirierte Textzeile treibt.

Verglichen mit dem Vorgänger „Pauli“, der – passend zum Hamburger Viertel, das auch Torben lebt und atmet – mit ungebremstem Ska-Punk-Zorn aus den Boxen hoolte und wenig Zeit zum Atmen ließ, schaltet „Licht und Schatten“ einen bewussten Gang zurück. „Ich werde ja nun auch älter, und ich finde, allmählich ist es okay, mal ein bisschen langsamer zu sein“, so Torben. „Erdiger, noch gerader, fokussierter. Der Trugschluss: Ich dachte, auf diese Weise könnte ich endlich mal länger singen. Aber bei 'Schattenmensch'“ - einer für Rantanplan melodiös fürwahr ungewöhnlich Pop-verliebten Hirnfräse - „brülle ich dermaßen, dass ich mich für den Song ne halbe Stunde warm singen muss. Was wir machen, war schon immer richtiger Sport, und 'Pauli' war für mich das Abschließen mit diesem Hochgeschwindigkeits-Ska. Aber es ist schön zu sehen, dass die Kurve immer noch weiter nach oben gehen kann. Ich hätte damit nicht mehr unbedingt gerechnet.“

„Licht und Schatten“ deshalb als den Auftakt zum abgehangenen Lebens-Spätwerk zu betrachten, ist allerdings auch nicht richtig. „Für mich war Rantanplan ja eigentlich ewige Jungend. Mit 23 gegründet, immer als den Ort verstanden, wo die Energie tobt. Gut, der Spiegel sagt mir langsam etwas anderes. Oder der Kater am nächsten Morgen. Der ist mittlerweile total scheiße. Diesen Punkt muss ich noch knacken.“ Für viele andere Knackpunkte ist und bleibt Rantanplan Torbens intuitives Heilbecken für all den seelischen Schmutz. „Ich schreibe diese Songs, um mir Luft zu machen, weil ich echt immer Ärger mit der Welt habe. Gerade gestern: Donald Trump wird Präsident. Und wer kommt danach – Micky Mouse? Was ist das denn für eine Scheiße? Man kann das nicht mal im Ansatz Ernst nehmen, man kann aber auch nicht einfach mit Zynismus darauf reagieren. Ich werde davon eher traurig. Und dann muss ich halt ein Hasslied schreiben.“

Verglichen mit früher, wo ihre politischen und gesellschaftlichen Statements häufig mit einer ordentlichen Portion Humor von Kalauer bis feiner Ironie gewürzt waren, dominiert heute oft ein nüchterner – wohl eher: ernüchterter – Realismus. Torben: „Die meisten Witze haben sich nach fünf Mal Hören verbraucht. Vieles fängt bei uns lustiger an, als es sich dann am Ende darstellt. Für dumme Witzchen ist der Kern des Ganzen oft auch zu ernst. Wir möchten lieber ein Album machen, das man fünf mal hören muss und das dann fünf Jahre bleibt, als was Grelles für den Moment, was nach fünf Durchläufen tot ist.“ Das betreffend, haben Rantanplan mit „Licht und Schatten“ voll ins Schwarze getroffen. Denn es zeigt, wie sehr selbst ein auf die vielbeschworene Jugend abonniertes Genre wie Ska reifen, wachsen und sich erden kann. Wie saugut ihm lustvolle Schwenks in Richtung klassischen Hard- oder launig polternden Noiserock stehen. Und zu welch aufrichtigen Hymnen des Menschlichen in all seiner gebrochenen Schizophrenie und Absurdität sie sich aufschwingen können, ohne dafür am ganz großen Rad drehen zu müssen.

Vom Ding haben Rantanplan also alles richtig gemacht: Songs zwischen zwischen Heißsporn und Abregung, Kampfhund und Knalltüte, Kaltschnäuzig- und Warmherzigkeit. In einem Sound, der von Produzentin Linda Gerdes im Hamburger Clouds Hill Studio wohltemperiert zurecht geknarzt wurde. Und doch: „Wir waren immer Underground und sind es auch geblieben“, sagt Torben, der die heutige Formation von Rantanplan – Fabian Vehreschild (Bass), Marlon Fertinger (Drums), Ulf Werner (Trompete), Gero Graas (Posaune) – als, wie er findet, „einfühlsamer Diktator mit Hang zur Gruppenarbeit“ lenkt. „Underground war auch immer okay, zumal es eh keine Wahl gab. Doch eigentlich hoffen wir mit jedem Album, einmal richtig ans Licht zu kommen. Gar nicht, um abzusahnen, das geht heute ja sowieso nicht mehr. Sondern einfach, damit die Leute mal mitkriegen, was wir da machen, damit wir ein bisschen Anerkennung bekommen und vielleicht mal eine Zeit lang auf das Arbeiten neben der Musik verzichten können. Klar, das ist heute schwerer denn je. Aber ich muss es weiter versuchen.“

Eine Anerkennung – diese Bemerkung sei erlaubt – die in Zeiten, wo epigonale Bands wie Turbostaat, Fjørt, Adam Angst oder Pascow mit ihrem kämpferischen Zorn in eine immer breitere Öffentlichkeit streben, und erst Recht angesichts dieses hervorragenden Werks ebenso zwingend wie überfällig wäre. „Nach einem Konzert, oder wenn ich im Studio einen richtig guten Take gesungen habe, fühle ich mich irgendwie reiner“ sagt Torben am Ende. „Es hat eine innere Hygiene stattgefunden, die schlechten Energien sind raus. Ich glaube fest daran, dass Musik uns gesund hält. Für mich ist es so mit Rantanplan. Und ich könnte mir gut vorstellen, dass es anderen ganz ähnlich geht.“

Top