Band: Lindi Ortega
Album: Liberty
VÖ: 25.05.2018
Label: Shadowbox Music Inc. / Membran)
Website: www.lindiortega.com
Lindi Ortega warnt berechtigterweise: “Komm nicht näher an mein Herz heran, wenn du Angst vor der Dunkelheit hast.“
Allerdings gibt sie diesen Schutz auf Liberty langsam auf. Während sich die Erzählung in diesem Konzeptalbum entfaltet, taucht eine zentrale Figur auf, die die Dunkelheit der Vergangenheit erhellt. Durch Melodie- und Tempiwechsel im Album, trägt ihre Reise sie stätig voran.
„Ich denke das Wichtigste für mich war, dass ich auf einer sehr positiven Note ende, weil mir viele Leute erzählen, dass meine Songs ihnen durch schwere Zeiten ihres Lebens geholfen haben“, sagt Ortega. „Das hat mich berührt, weil wie jeder andere, hatte auch ich harte Zeiten und auch jetzt habe ich hier und da noch schwere Momente. Wenn ich mit meiner Musik ein wenig Trost spenden kann, gibt mir das einen guten Grund Musik zu machen. Ich will, dass dieses Album den Menschen durch die Dunkelheit hilft.“
Die Melodien und Arrangements von Liberty basieren auf der Arbeit des Oscar-Gewinners Ennio Morricone, der während des Schreibens und der Aufnahmen von Liberty zu Ortegas musikalischer Obsession wurde. Darüber hinaus engagierte sie den Nashville Produzenten Skylar Wilson (Justin Townes Earle, Rayland Baxter), nachdem sie ihre gemeinsame Begeisterung für Quentin Tarantino Filme entdeckte. Es passt, dass NPRs All Things Considered entschieden hat Ortega als „genrewidrig sowohl in ihrer Musik als auch in ihrem persönlichen Stil“ zu bezeichnen.
„Ich habe zuvor noch nie ein zusammenhängendes Album wie dieses geschrieben“, sagt sie. „Diese Aufnahme ist anders, da ich tatsächlich einen Schritt zurück mache, weicher bin, sodass ich mehr Nuancen in meinem Gesang zeigen kann, was eine willkommene Herausforderung war. Ich habe mich auch öfter für unvorhersehbare Akkordfolgen entschieden, die das Album musikalischer und interessanter klingen zu lassen.“
Während der Session im Battle Tapes Studio in East Nashville, schafften Ortega und Wilson das Country-Konzept ab, für das sie bekannt ist und arbeiteten stattdessen an Musik, die ihre Herkunft widerspiegelt. Ihr Vater ist Mexikaner; ihre Mutter Irin. Ortega nennt Linda Ronstadts Album Canciones de mi Padre (übersetzt „Lieder meines Vaters“) und die Vinyl Sammlung ihrer Mutter bestehend aus 70er Country Songwritern, wie Dolly Parton und Willie Nelson, als Haupteinflüsse ihrer heutigen Musik. Die Klanglandschaft von Liberty wird von der Nashville Band Steelism, die für ihre dramatische Mischung aus Pedal Steel Gitarre und E-Gitarre bekannt ist, sowie vom Country Musik „Hall of Fame“ Mitglied Charlie McCoy auf der Mundharmonika kompletiert.
„Ich wollte etwas Musikalisches und Cineastisches machen. Es war mir sehr wichtig meinen Horizont zu erweitern und neuen Boden für mich zu schaffen“, sagt sie. „Das ist das erste Mal, dass ich in Spanisch singe. Ich wollte schon immer einen Chorus für ein spanisches Stück scheiben. Ich behaupten nicht die perfekteste Ausprache der Welt zu haben. Aber ich kann sagen, dass ich alles gegeben habe und, dass ich stolz bin es geschafft zu haben, weil ich ein riesiger Fan der mexikanischen Kultur bin. Es ist anders, als alles was ich zuvor gemacht habe und das finde ich sehr aufregend.“
Im Verlauf des Albums bekommt der Zuhörer den Eindruck, dass der Protagonist seine Vergangenheit zurücklässt, sei es eine Menge abstoßender Charaktere in “You Ain’t Foolin’ Me” oder die verlorene Liebe aus Kinderzeiten in “Until My Dying Day”. In “Nothing’s Impossible” und “The Comeback Kid” wird die Trauer zu Verzweiflung. Die Zeiten ändern sich in “Darkness Be Done”. Nach ungefähr der Hälfte, mit “Forever Blue”, macht der Charakter den Schritt und folgt dem Licht.
Der Song „Pablo“ ist inspiriert durch ihren Ehemann Daniel Huscrroft. Mit einer fröhlichen Melodie und klugen Lyrics zeigt „Lovers in Love“ Ortegas geschickte Art des Songschreibens. Für Liberty hat sie ungefähr die Hälfte der Songs ganz alleine komponiert. An den übrigen Stücken waren Aaron Raitiere, Bruce Wallace und John Paul White (The Civil Wars) mitbeteiligt.
In ihrer Karriere hat Ortega immer daran festgehalten auf der Bühne einen guten Auftritt hinzulegen. In den meisten Nächten kommt sie nach der Show raus, gibt Autogramme und macht Bilder mit ihren Fans. Als sie ihre bezaubernden Hochzeitsfotos über Social Media geteilt hat waren ihre Fans zunächst alarmiert. Sie befürchteten, dass der Schwall aus traurigen Liedern nun abrupt halt macht. Nach dem Hören von Liberty werden ihre Fans feststellen, dass es keinen Grund zur Sorge gab.
„Wenn man dunkle Erfahrungen gemacht hat, kann man immer gut durch die Erinnerungen daran weiter schreiben. Man vergisst es nie. Man kann es nicht ausradieren – Ich will es gar nicht ausradieren, da es mich zu der macht, die ich heute bin“, sagt Ortega. „Und es hilft mir mich in Menschen hineinzuversetzen, die Ähnliches erlebt haben. Man kann das Glück im Leben nicht wertschätzen, solange man nicht verstanden hat, wie es ist sich genau entgegengesetzt zu fühlen“.
Ortega schließt das Album ab mit “Gracia a la Vida”, einem Song von der Chilenischen Komponistin Violeta Parra. Der Titel lässt sich übersetzen mit „Danke an das Leben“.
„Ich habe immer versucht einen Silberstreif zu finden, sei es indem ich meine Songs mit ironischem Unterton oder indem ich dunkle Lyrics zu fröhlicher Musik schreibe. Es gab immer ein Element, das Licht und Dunkel in vorangegangenen Alben im Gleichgewicht hielt“,erklärt Ortega. „Aber dieses Album ist eine ganze Geschichte und ich möchte, dass jeder am Ende des Tages etwas daraus mitnehmen kann.“